Katz und Maus auf der Blattjagd

Die Blattjagd gehört ganz klar zu einem meiner jährlichen Highlights. In der Zeit von Anfang August bis Mitte August habe ich den grössten Erfolg, dann ist die Brunft in vollem Gange und die Böcke treiben die Geissen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Jedoch reichen mir ein paar Gänge im Revier, um vorherzusagen, wie die Chancen für ein Waidmannsheil stehen. Wenn die Sonne ohne Erbarmen niederbrennt und selbst die schattigen Plätze unerträglich warm sind, dann steht es auch beim testosterongeladenen Rehbock schlecht um seine Libido. An diesen Tagen gehe ich lieber auf den Abendansitz und warte auf das anwechselnde Wild, welches sich genau wie ich, auf die kühleren Stunden freut. Doch wenn die Witterung stimmt, kann es mit dem Blatten losgehen. Wer die Einstände und Wechsel des Rehwildes kennt, hat bereits gute Voraussetzungen für eine gelungene Blattjagd. Mit meinem BOG Death Grip Tripod (ein durchaus geschmackloser Name für ein absolutes Spitzenprodukt) mache ich mich auf den Weg und suche ein geeignetes Plätzchen, wo ich eine gute Sicht auf das Geschehen habe, sicheren Kugelfang und dennoch etwas im Grünen versteckt bin. Dass man den Wind beachten muss, brauche ich nicht zu betonen.

Und nun beginnt es, das Spiel mit dem Rehbock. Ein Freund von mir, welchen ich bereits in der Jagdschule kennengelernt habe, hat mir ein paar gute Ratschläge zum Thema Blattjagd mitgegeben, die er von seinem Grossvater lernte. Man muss sich vorstellen, dass man dem Rehwild eine glaubhafte Geschichte erzählen muss. Junge und eher naive Böcke hat man schnell zu sich geblattet. Sie hinterfragen ein wahlloses Fiepen noch nicht. Wer aber die reiferen und wesentlich kritischeren Böcke zu sich rufen will, braucht da eine solide Story. Ein paar Übungen zu Hause sollten dem Blatten im Revier vorausgehen, da das Wild nicht verblattet werden soll. So wird mit einem dezenten Rickenfiep begonnen, welcher mit etwas zeitlichem Abstand erfolgen sollte und nicht zu hoch im Ton. Aus der Perspektive des horchenden Bockes hat sich eine Geiss in sein Revier geschlichen, welche brunftbereit ist.

 

Danach folgen weitere Rickenfieps, welche eher zart gehalten sind. So als hätte sich ein Bock eingefunden, welcher von der Geiss geduldet wird. Wenn sich bis jetzt kein Bock hat blicken lassen, wechsle ich zum Sprenglaut. Ein etwas länger gezogenes lautes «Pia». Wer mal einen treibenden Bock aus der Nähe beobachten konnte weiss, dass es ziemlich laut zu und hergeht. Also scharre ich mit den Schuhen auf dem Boden und lasse die Büsche rings um mich knacken. Die reifen und wesentlich vorsichtigeren Böcke werden einen so frechen Rüpel nicht dulden, welcher ihnen die Geissen aus dem Revier treibt.

 

So erlebte ich vergangenes Jahr eine sehr spezielle Blattjagd, bei welcher ich mit einem zustehenden, aber sehr misstrauischen Bock «diskutierte». Auf das gut einstudierte Theaterspiel reagierte er nur zögerlich und verbarg sich hinter dichtem Jungwuchs und beäugte die Situation, welche er zwar hören konnte, aber nicht sehen. Als er konfrontativ zu Schrecken begann, schreckte ich sogleich zurück. Auf das Schrecken reagierte er verdutzt, aber neugierig. Dieses Spiel ging noch einige male hin und her, bis er dann tatsächlich auf eine Freihaltefläche austrat, nach dem Bock suchend, welchen ihn schon die ganze Zeit so provozierte. Begeistert und voller Anspannung war ich mit dem plötzlichen Austreten beinahe überfordert. Ich flüsterte mir innerlich zu die Ruhe zu wahren und nahm den sichtlich entnervten Bock ins Fadenkreuz. Der Schuss brach und hallte durch den Wald. Der Bock zeichnete deutlich und ging nach 10 Meter zu Boden. Ein Erlebnis, dass ich nicht so schnell vergessen werde.

 

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